Flügge Sein
leave the nest and extend the horizon

Dublin - Wicklow Mountains - Dublin 

Endlich ist das Schiff an der Küste vor Anker gegangen! Angekommen, Hostel gecheckt, eingerichtet, loslegen... Das war der Plan. Und mit diesem Plan zeigten sich relativ schnell alle Hürden in vollster Form mit denen sich das Gehirn auseinanderzusetzen hat. Ab jetzt habe ich alle Entscheidungen allein zu treffen! Die eigene Chefin zu sein; in jeder Hinsicht. Was will ich überhaupt machen? Wo soll es hingehen? Wird es gut oder schlecht werden? Mein Kopf hat sich ziemlich im Kreis gedreht und mein Selbstvertrauen hat sich im Bett versteckt... Also erstmal ne Pizza gegessen, ein Guinness getrunken und mich für einfaches Sightseeing entschieden. 

Ich habe mir die großen und kleinen "Berühmtheiten" der Stadt angeschaut; das Museum der Schreiberlinge aus Irland, das Trinity College inklusive der Bücherei mit dem "Book of Kells", die St. Patricks Kirche, Temple Bar und dank der tollen Überraschung eines nicht verwandten Familienmitgliedes gab´s noch einen geschenkten Besuch der Guinnessbrauerei obendrauf (danke Rick :-)). 

Auch das große alte Castle mit zufällig entdeckter Ausstellung "Pathfinders" von Paul Connell zur Würdigung der AktivistInnen und ihrer Pionierarbeit der LGBT-Szene konnten sich wirklich sehen lassen!

Und doch hatte es einen leichten bitteren Beigeschmack... Niemanden an seiner Seite zu haben um über die gesehen Dinge zu sprechen, sich mal leiten zu lassen und einfach mal "hinterherzudackeln". Das hat mir in den ersten Tagen doch ein Gefühl der gedanklichen Überforderung und auch Einsamkeit beschert. Die Stadt war so vollgestopft mit lachenden und tratschenden Menschen, dass ich ganz kurz das Gefühl hatte durchzudrehen :-) 

Raus aus der Stadt und ab in die Natur; durchatmen und den Kopf frei machen durch körperliche Verausgabung.

Also ab in die Wicklow Mountains in den Nationalpark, in der Jugendherberge noch ein Bettchen ergattert  und am nächsten Tag mit Fetty einen Teil des Wicklow Way absolviert. 14km, 500 Höhenmeter mit 20kg auf dem Rücken von Glendalough nach Glenmalure. Körperliche Verausgabung war es tatsächlich, aber auch mit Fetty im Gepäck war der Ausblick in den Bergen absolut genial und das Örtchen am frühen Nachmittag erreicht. Vor Ort (wenn man bei drei Häusern von Ort sprechen kann) gab es dann leider keine Unterkunft für mich. Allerdings hatte mir eine zauberhafte ältere Dame den Tipp gegeben, mein Zelt einfach am Waldrand am Fluss aufzustellen. 

Wildcamping also... Darauf erstmal ein Guinness und Nahrung im Pub zum verdauen! Da die Örtchen im Verlauf des Trails immer kleiner werden und ich die weiteren Strecken mit Fetty doch nicht machen wollte, hatte ich mich schon mit dem Gedanken abgefunden, die Nacht im Zelt am Fluss zu überstehen, am nächsten Morgen wieder zurückzulaufen und nach Dublin zurückzufahren um mich neu zu sortieren. Soweit so gut...

Ich kam ins Gespräch mit einer netten Irin, die mir anbot, mich am nächsten Morgen mit dem Auto nach Glendalough zurückzunehmen; also laufen schonmal gespart!!! Ein spendiertes Guinness beim Gespräch mit einem Holländer kam dazu und zum frühen Abend hin dann auch meine "Rettung". Andrew schlenderte mit seiner Hündin auf mich zu und wir kamen ins Gespräch über Fetty, meinen viel zu dicken Rucksack für diese Tour. Er bot mir an, ihn und seine gemixte Truppe von Leuten zu deren "Anwesen" (Gemeinschaftsleben vgl. Ökodorf Sieben Linden) zu begleiten, anstatt in der sehr kalt werdenden Nacht allein auf seinem liebsten "Campingplatz" zu übernachten. Es gäbe ein Bett, ein Barbecue, Musik, nette Menschen und Lagerfeuer. Und am nächsten Morgen eine Mitfahrgelegenheit zum Bahnhof zurück nach Dublin entlang der Küste.

Nach Checkup mit meinem Bauchgefühl, Rücksprache mit meiner eigentlichen Mitfahrgelegenheit (die Ihrerseits ebenfalls noch mit Andrew gesprochen hat) habe ich mich mit Fetty, den 5 Freunden und Hündin River in einen Fiat gequetscht und einen fabelhaften Abend und eine beschützte Nacht mit absolut netten Menschen und holprig-schönen Gesprächen (Irisch-englisch-brasilianisch-deutsch) mitten in den Bergen bei Mond und Sternen, Lagerfeuer, Wein und Musik verbracht. Morgens haben wir noch die kleine Familie aus Berlin verabschiedet, die dort ebenfalls ein paar Tage zum wandern untergekommen war. Ich habe Rob zum Markt in Laragh begleitet und wurde dann am kleinen Bahnhof abgesetzt...

Alles in allem eine recht verrückte erste Woche! 

Nun bin ich also zurück in Dublin; um einige Erfahrungen reicher und finde langsam meinen persönlichen Reisestil :-) 

Auch ein paar Bildchen zum gucken unten drunter :-)